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Aufbruchstimmung beim Grödner Kunsthandwerk

03.05.2022

Gröden gilt als die Wiege alpiner Holzbildhauerei und ist nach wie vor ein bedeutendes Zentrum des klassischen Kunsthandwerks. Durch den Einzug industrieller Fertigungstechniken und dem sinkenden Interesse an sakraler Kunst drohte dieses traditionelle Kulturgut zu Beginn der 1990er-Jahre langsam zu verschwinden. Auch die bereits 1969 eingeführte Schutzmarke „Entirely Hand Carved“ für handgemachte Werkstücke aus Südtirol konnte diese Entwicklung nicht stoppen. Aus diesem Grund gründete eine kleine Gruppe innovativer Holzbildhauer 1994 die Kunsthandwerksgenossenschaft UNIKA. Heute umfasst UNIKA 46 Mitglieder, neben der Holzbildhauerei sind die Kunstmalerei, Drechslerei und Fotografie vertreten.

Die Mitglieder von UNIKA verbindet die Liebe zur Bildenden Kunst und ihren bewährten Arbeitsweisen. So entstehen ausschließlich Unikate in klassischer Handarbeit unter Anwendung teils jahrhundertealter Techniken. Die Kunstwerke sind nicht nur einzigartig, sondern auch rar. „Man schafft vielleicht 15 bis 20 Arbeiten pro Jahr. An einer lebensgroßen Skulptur arbeite ich mehrere Wochen. Und es wird immer Menschen geben, die das Besondere und das Seltene suchen“, ist der Holzbildhauer Matthias Kostner überzeugt. Der 39-Jährige aus St. Ulrich ist seit November 2021 Präsident. Besonders am Herzen liegt ihm der künstlerische Nachwuchs. Durch seine Initiative konnte UNIKA innerhalb weniger Monate vier junge Kunstschaffende als Mitglieder gewinnen, so viele wie noch nie. “Das stimmt mich zuversichtlich, dass unsere Vereinigung auf einem sehr guten Weg in die Zukunft ist“, freut sich Kostner.

Eine wichtige Voraussetzung für die Mitgliedschaft bei UNIKA ist, dass man das Kunsthandwerk im Hauptberuf ausübt, also ein Gewerbe anmeldet. „Ich finde es gut, wenn sich Menschen in ihrer Freizeit kreativ beschäftigen. Aber die Ausübung dieser Tätigkeit als Beruf nach einer jahrelangen Ausbildung ist gleichzeitig ein Qualitätssiegel, auf das wir als UNIKA nicht verzichten möchten.“ Viele Künstlerinnen und Künstler der Vereinigung, darunter auch die vier neuen Mitglieder, haben die Cademia – Kunstgymnasium oder Landesberufsschule für das Kunsthandwerk in St. Ulrich absolviert. Sie gilt als renommierte Ausbildungsstätte besonders für die Fachbereiche Holzbildhauerei, Malerei, Grafik und Design.

Authentisches Kunsthandwerk aus Gröden wird in der ganzen Welt geschätzt und gesucht. Dabei spielt das Internet auch in einer Branche, die als sehr traditionell gilt, eine immer größere Rolle. Das betrifft sowohl die Präsentation der Werke von Künstlerinnen und Künstlern als auch den Kauf. „Auch wenn der Onlinehandel steigt, kommen viele Kundinnen und Kunden nach wie vor persönlich zu uns. Manche schauen über die Jahre immer wieder vorbei, bis sie genau die Skulptur entdecken, die zu ihnen passt“, erklärt Kostner. „So sind aus Geschäftsbeziehungen auch Freundschaften entstanden.“

Ein wichtiger Impuls für die gesamte Region ist die gleichnamige Kunstmesse UNIKA. Sie findet seit 1994 jedes Jahr am ersten Septemberwochenende – diesmal von 1. bis 4. September 2022 – in St. Ulrich statt. Rund 30 Künstlerinnen und Künstler zeigen ihre schönsten Werke aus der Holzbildhauerei, Drechslerei, Kunstmalerei und Fotografie. Kleinere Arbeiten sind ab € 1.000 erhältlich, für Holzskulpturen in Lebensgröße werden durchaus € 20.000 und mehr bezahlt. Die kuratorische Gesamtleitung übernimmt das Kollektiv selbst: „Wir sprechen uns untereinander ab und koordinieren die Ausstellung als Gemeinschaft. Das funktioniert sehr gut.“

Die Kunstmesse UNIKA gilt unter Fachkundigen alpiner Handwerkskunst als Geheimtipp und ist mit über 4.000 Besucherinnen und Besuchern überaus beliebt. Das Programm ist vielfältig und spannend, auch weil immer wieder Kunstschaffende aus anderen Sparten zur Ausstellung eingeladen werden. Bei der Biennale IDEA UNIKA werden alle zwei Jahre öffentliche Räume im gesamten Tal künstlerisch gestaltet. Selbstverständlich dürfen Kreativ-Workshops für Kinder und Jugendliche nicht fehlen. Für UNIKA-Präsident Matthias Kostner ist es wichtig, dass neben seinen vielen arrivierten Mitgliedern ausgesuchte junge Künstlerinnen und Künstler im Rampenlicht stehen: „Gerade von unseren jungen Mitgliedern versprechen wir uns neue und spannende künstlerische Akzente. Denn die Zukunft unserer Tradition gehört den Jungen!