Ein Gespräch mit Ivo Piazza, Hubert Mussner, Livio Comploi, Thomas Comploi, Alfons Runggaldier, Norbert Insam, Walter Pancheri und Egon Digon
1994 feierte die Berufsgruppe des Grödner Kunsthandwerks ihr 25-jähriges Jubiläum mit einer erfolgreichen Veranstaltung und der Idee zu einer Weiterentwicklung: Zur Künstlervereinigung UNIKA. Denn das handwerkliche Schnitzen drohte immer mehr zu verschwinden und es brauchte neue Impulse.
Acht Gründungsmitglieder waren die ganzen 30 Jahre mit dabei … und sind es auch heute noch mit Überzeugung und Begeisterung. Dazugekommen sind sie aus unterschiedlichen Gründen – sie waren schon bei den Ortsgruppen der Handwerker aktiv oder in der Berufsgruppe der Grödner Kunsthandwerker … oder sie hatten als junge Holzschnitzer einfach Lust, bei etwas Neuem mitzumachen.
So wie beispielsweise Alfons Runggaldier: „Ich war bei der Gründung der UNIKA der zweitjüngste“, erinnert er sich. „Und nach 2 Jahren überhaupt das jüngste Gründungsmitglied“. Wie andere war auch er damals überzeugt, dass man etwas unternehmen musste für das Grödner Kunsthandwerk. „Etablierte Bildhauer haben sich zurückgezogen“, für ihn aber war das Mitmachen bei der neuen Gruppe sofort klar. Allerdings dachte er damals, „wenn wir 5 Jahre durchhalten, ist das schon super.“
Ähnlich erging es auch dem Wolkensteiner Hubert Mussner. Er war gerade selbständig geworden und die UNIKA-Kunstmesse „die erste Möglichkeit, sich öffentlich zu präsentieren.“ Mit der Zeit und der Weiterentwicklung seines Stiles kam auch die Zusammenarbeit mit Galerien – für ihn „aber kein Grund, bei UNIKA auszusteigen. Schließlich gibt es selten eine Gruppe, die so lange erfolgreich besteht.“
Schon aktiv im Verbandswesen integriert war dagegen Thomas Comploi. Als Obmann der Handwerker von St. Christina war er „auch automatisch im Bezirksausschuss der Grödner Kunsthandwerker.“ Und die 18 Bildhauer:innen von St. Christina setzten schon Initiativen, organisierten Zeichenkurse oder schufen gemeinsam eine lebensgroße Krippe. Da war natürlich ein erster Gedanke: „Noch eine Gruppe, macht das schon Sinn?“ Aber auch im Gespräch mit einem Onkel kam er zur Überzeugung, dass Mitmachen wichtig war, „sonst verlierst Du den Anschluss.“ Im Laufe der 30 Jahre hat sich natürlich viel verändert, „auch beim Ausstellen selbst“, erinnert sich Comploi. „Anfangs lieferten wir alles mit einem geliehenen Auto an, dann wurde mit verschiedenen Beiträgen der erste Sprinter angekauft.“
Livio Comploi war bereits länger im Ausschuss der Grödner Kunsthandwerker. Er erinnert sich noch an die aufwändige Kalender-Aktion für Priester, mit der das echte Handwerk unterstützt werden sollte. „400 Jahre haben wir Grödner Schnitzer schließlich für die Kirche gearbeitet, in guten wie in schlechten Zeiten“, erzählt er. „Aber recht rentabel waren die Kalender nicht und wir haben nach neuen Möglichkeiten gesucht. Unser damaliger Präsident, Ewald Demetz, war ein toller Organisator und hatte die Idee zu einer Kunstmesse.“ Allerdings mussten sie „am Anfang fast betteln“ und fanden schließlich 25 Holzschnitzer:innen, die mitmachten. Inzwischen hat sich die Plattform weiterentwickelt und auch die einzelnen Künstler und Künstlerinnen. Für ihn ist die „UNIKA immer das Wichtigste gewesen, ein bissl ein Lebenswerk. Und ohne die Künstlervereinigung wäre die Schnitzkunst aus Gröden vielleicht verschwunden …“
Sofort begeistert von der Ausstellungs-Idee war vor 30 Jahren Egon Digon. „Man hat gespürt, dass man sich bewegen muss, der Markt hatte sich verändert“, erinnert er sich. Er war schon auf der Suche nach Ideen, als er von der ersten Kunstausstellung hörte und machte natürlich gleich mit. „Die UNIKA-Kunstmesse hat meinen Werdegang stark beeinflusst“, erzählt er. „Es war immer wieder eine Herausforderung. Man ist aus der Werkstatt herausgekommen, hat in der Gruppe gearbeitet, hat Feedback bekommen“. Für ihn als jungen Künstler war gerade der Kontakt mit dem Publikum – Zuspruch und Wertschätzung genauso wie Kritik – wesentlich. Und natürlich auch eine gewisse positive Konkurrenz untereinander. „Hier in Gröden sind inzwischen fast alle irgendwie bei UNIKA involviert“, schmunzelt er. „Es ist ein gut eingespieltes System, die Zeit war reif dafür“. Und er ist froh, „dass wieder ein paar Junge nachkommen, die die Gruppe für sich selbst spüren. Schließlich ist es wohl die einzige und größte Kunstmesse in Trentino-Südtirol“.
Norbert Insam war schon beim 25-Jahr-Jubiläum der Schutzmarke des Grödner Kunsthandwerks mit dabei und kam gleich in den UNIKA-Ausschuss. „Ich hatte gute Verbindungen zum Landesverband der Handwerker“, meint er lachend, „Beziehungen zu politischen Gremien sind immer gut für die Sichtbarkeit“. Seine persönliche Entwicklung hat die Gruppe natürlich auch beeinflusst: „Das war für mich eine gute Schule. Man hat geschaut, wie sich die anderen präsentieren, sich verglichen und Ideen geholt.“ Und das Zusammenwachen der Gruppe empfand nicht nur er als „Mehrwert“. Insam hat auch 18 Jahre lang an der Berufsschule unterrichtet und freut sich, dass von dort einige Junge dazugestoßen sind. „Jetzt ist es Zeit für einen Generationswechsel,“ findet er. „Der Nachwuchs hat einen anderen Blick, wir sollten uns bald nicht mehr einmischen, nur noch Tipps geben.“
Von Anfang an begeistert mit dabei war Walter Pancheri, der auch auf die künstlerische Entwicklung mit und durch UNIKA verweist. „Am Anfang hat man ausgestellt, was man so über das Jahr gemacht hat“, erinnert er sich. „Dann erkannte man, dass das nicht zielführend ist.“ Wie andere Kolleg:innen versuchte auch er, seine Persönlichkeit in einem eigenen Stil auszudrücken, eine individuelle Ausdruckweise zu finden. „Jeder ist auf der Suche, man entwickelt sich. Ich habe mich sehr verändert“, erzählt er. Und auch die Kundschaft hat sich verändert. „Früher gab es viele Auftragsarbeiten für die Kirche, das ist fast ganz weggefallen.“ Er ist stolz, dass die Gruppe es geschafft hat, gemeinsam 30 Jahre durchzuziehen. „Als ich das erste Mal in der leeren Tennishalle stand, hätte ich nicht gedacht, dass wir die jemals voll bekommen.“
Ivo Piazza wurde vor 30 Jahren von der Gruppe kontaktiert und machte spontan mit. „Es war toll, an der Ausstellung teilnehmen zu dürfen, ein Erlebnis“, erinnert er sich. „Aber ich dachte damals, das ist eine einmalige Initiative“. Nach der ersten positiven Erfahrung wurde aber gleich ans nächste Jahr gedacht. „Ich hatte keine großen Programme im Kopf“, meint er, „aber irgendwie ist es von Jahr zu Jahr weitergegangen, hat sich gesteigert. Es war ein ständiges Wachsen und Dazulernen.“ Bei ihm wurde UNIKA „einfach ein Teil des Berufes und ergänzte die Werkstatt.“ Natürlich brachte die Künstlervereinigung auch neuen Schwung und neue Motivation: „Sich zeigen können, war immer der Höhepunkt.“ Dabei ging und geht Piazza stets seinen Weg, macht das, was er fühlt und spürt. Für die Zukunft hofft er, „dass es weitergeht, auch wenn es sicherlich immer weniger typische Grödner Bildhauer geben wird.“
Was alle betonen: „Die Gemeinschaft und der Zusammenhalt in der Gruppe sind etwas Besonderes, vor allem über eine so lange Zeit.“ Man hält zusammen und bringt gemeinsam auch viel zustande „Ein paar Reibereien gehören dazu“, schmunzeln die Gründungsmitglieder, „in der Gruppe braucht es auch Kompromisse“. Und die haben sich bis jetzt immer gefunden – genauso wie viele verbindende Erlebnisse und Erfolge.